Tabuisierung der Sexualität Ursache für Desaster der Kirche
Die grosse Tabuisierung der Sexualität ist in der Kirche einer der Hauptgründe für das aktuelle Desaster, mit dem die kath. Kirche zur Zeit konfrontiert ist. Ich mache aber keinen Unterschied zwischen Homosexualität und Heterosexualität. Wann immer Sexualität verdrängt, tabuisiert oder verteufelt wird, ist die Gefahr immens gross, dass sie sich auf destruktive Art irgendwie Bahn bricht, und damit ihre Opfer fordert.
Gerade die Kirche, die so oft die Erlösung und das Leben in Fülle predigt, spricht in einer völlig unerlösten Weise über Erotik und Sexualität: Da kennt sie nur Kategorien wie Verbote, Warnungen, Gefahren, Versuchungen, (Tod-) Sünden, Repression usw. Einen lustvollen, positiven Zugang kennt sie nicht. Denn das wäre die “kopernikanische Wende” die sie allerlängst vollziehen müsste. Grundsätzlich ist Sexualität als Geschenk Gottes anzusehen. Erst in einem zweiten Schritt soll darüber nachgedacht werden, wie diese Sexualität sinnvoll gestaltet und ins Leben integriert werden kann. Also nicht zuerst gross Nein sagen zur Sexualität und dann krampfhaft noch nach ein paar positiven Aspekten zu suchen, sondern grundsätzlich Ja sagen und aus dieser positiven Grundhaltung heraus Sexualität gestalten.
Bischof Mixa hat ja ein Stück weit recht, wenn er der sexuellen Revolution nicht nur Gutes abgewinnen kann. Trotzdem war diese Revolution eine grosse Befreiungsbewegung und u.a. eine Reaktion auf die damalige, stark von den Kirchen geprägte, repressive Sexualmoral. Da müsste Mixa einiges selbstkritischer hinschauen. Die Kirche ist indirekt eine Ursache der Revolution.
Und der Schluss, den Mixa zieht, ist letztlich ein Abschieben der Verantwortung auf die Gesellschaft.
Jetzt muss die Kirche zu ihrer grossen Schuld stehen, kompromisslos, hundertprozentig. Und Verantwortung übernehmen, was für mich auch heisst, endlich selbstkritisch und ehrlich den Ursachen auf den Grund zu gehen. Die Leichen liegen zu einem überwiegenden Teil im eigenen Keller. Und da stinkt es ganz gehörig.
Christian Leutenegger, 7.3.2010
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